Meine erste Überlegung war, dass die Fische sich vermutlich eher am Grund aufhalten, um der stärksten Strömung zu entgehen. Vielleicht könnte ich mit beschwerten Nymphen zügig auf Tiefe kommen und doch noch einen Lucky-Punch erzielen. Nun das mit der Tiefe hat funktioniert, aber leider wurden selbst meine Upside-Down-Nymphen, die ansonsten eine echte Hänger-Phobie an den Tag legen, innerhalb von Sekunden in irgendein Hindernis gepresst. In fast schritttiefem, schnell strömendem Wasser mit dem langen Arm nach Nymphen zu grabbeln, die sich irgendwo fest verheddert haben, ist weder schön noch zielführend. Nach 15 Minuten und dem Verlust von zwei liebgewonnenen Selbstgebundenen, beschloss ich, die Materialschlacht aufzugeben.
Die neue Idee: Weniger Beschwerung bringt mehr Sicherheit gegen Hänger. Stimmt soweit, allerdings bringt es auch extrem viel Sicherheit gegen Bisse. Treu konnte ich meinen unbeschwerten Schönheiten dabei zusehen, wie sie unbeschwert dem Bissanzeiger an der Oberfläche hinterherzuckelten oder launisch neben ihm hertrieben.
Der Verzweiflung nahe, ein letzter Versuch: Wenn nichts mehr geht, hilft nur noch Streamern mit Wolly Bugger. Gesagt getan, aber auch das hat außer Hänger nichts ergeben. Völlig erfolglos, aber um ein paar schöne Fliegen ärmer, gab ich auf.
Wie mir erfahrenere Vereinskameraden auf Nachfrage bestätigten, drücken sich die Fische bei solchen Verhältnissen am Boden oder in Strömungslöchern herum, haben das Fressen eingestellt und warten schlicht auf bessere Zeiten. Da ist Angeln weitgehend zwecklos, wenn man nicht mit einem auffälligen Reizmuster – und einem mir abgängigem Maß an Talent und Glück – doch noch fündig wird.
Aber gut, Erfahrung bereichert. Blöd war nur, dass ich es eigentlich hätte besser wissen müssen. Wie an so vielen Flüssen gibt es auch an diesem eine der rund 2.500 zuverlässigen Pegelmessstellen in Deutschland, die im Stundenrhythmus Pegelstand und Durchflussmenge angeben und brav über eine Website und App melden. Doch woher hätte ich das wissen sollen? Nun, vielleicht von diesem Blog! Darüber habe ich doch selbst vor einiger Zeit geschrieben – und ja, auch die App habe ich auf dem Handy installiert. Ich habe schlichtweg in der Vorfreude vergessen, einmal vor dem Trip den Pegel zu checken. Dort hätte ich sehen können, dass mein Lieblingsflüsschen rund 10x mehr Wasser führte als im Sommer.
Also, ab sofort mache ich einen Knoten in die Wathose, damit ich den Wasserstand checke, bevor ich alles einlade und losfahre. Versprochen :-)